Helmuth Plessner
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Helmuth Plessner
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Philosoph, Soziologe, Anthropologe, Person des gesellschaftlichen Lebens

Philosophy 19%
Sociology 19%

erinnert, ohne christlich zu sein; sein Schwanken zwischen katholischem und evangelischem Bekenntnis – alles entspricht der spezifisch deutsch-protestantischen Mischung aus Rechtfertigungsverlangen und titanischem Weltvertrauen."

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

Recht und ihre Kraft aus der naturhaften Tiefe des Menschen holt; sein Ressentiment gegen die adelige Zivilisation, durch deren Beseitigung erst der Mensch den ihm gemäßen Zustand wiederherstellt; sein von unten kommender Blick und seine gefühlshafte Religiosität, die an christliche Heilserwartung

doch nie flach, souverän und skeptisch, aber nicht haltlos, haben in Deutschland trotz Kant, Schopenhauer und Nietzsche (selbst Nietzsche, der sich ihnen am nächsten fühlte) keine tiefere Resonanz gefunden, vergleicht man sie etwa mit der Wirkung Rousseaus. Sein Ruf zur Ursprünglichkeit, die ihr

Es ist "kein Zufall, daß Deutschland aus seiner lutherischen und noch aus seiner lutherisch verweltlichten Frömmigkeit die tiefere, spekulativ und historisch gerichtete Romantik entwickeln und die Metaphysik erneuern mußte. Geister wie Montesquieu, Hume und Voltaire, unsystematisch und weltmännisch,

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

sich dagegen zu verteidigen – sei es selbst um den Preis der eigenen ideologischen Freiheit – und sich einem politisch-philosophischen Dogma auszuliefern, und so treiben die Dinge einer Zeit entgegen, die für personengebundene Weltfrömmigkeit und Weltanschauung kein Publikum mehr aufbringt.»

größten Ferne von Gott Dogmatik, Apologetik, Exegetik und Propaganda fidei als Ausdrucksformen einer erfüllten oder nicht erfüllten innerweltlichen Heilserwartung und engen damit den liberal-romantischen Spielraum des freien Geistes weiter ein. Sie zwingen ihrerseits die bürgerlichen Staaten,

"Zu all den genannten Faktoren der Auflösung weltoffener (liberal-romantischer) Haltung fügt das bolschewistische Rußland den wesentlichen Faktor hinzu, die Kommunisten pro oder contra Lenin bzw. Stalin zu konfessionalisieren. Die Anfänge dazu sind da. Es bilden innerweltlich in der scheinbar

«Weil Deutschland im Unterschied zu den angelsächsischen Ländern das gesellschaftliche Interesse an theologischen Fragen nicht entwickelt hat, bildete sich in seiner geistigen Atmosphäre weltanschaulicher Ernst als Äquivalent.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

Kunst als die Kirche.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

Einsatz ihrer Kräfte verlangen und ihnen das für einen Lutheraner höchste Glück der Gotteskinder dieser Welt gewähren: die Persönlichkeit. Gefahr und Ehre echten Bekennertums bieten deshalb in Deutschland seit dem späten 18. Jahrhundert eher die freien Berufe der Wissenschaft und

Sie ist jedoch unverträglich mit der protestantischen Frömmigkeit. Daher konnten gerade religiös veranlagte Naturen in den Zeiten der Entwicklung des modernen Großstaates ihrer Staatskirche entfremdet werden und um ihres Glaubens willen die weltlichen Bezirke aufsuchen, welche von ihnen den vollen

die Staatskirche abstrakt, bürokratisch geworden und dem einzelnen entfremdet. […] Die Anonymität des einzelnen ist dem Katholizismus gemäß. Ihm geht es um seine Seele und deren Heil ohne Ansehen der Person. Die Anonymität des einzelnen ist dem modernen Massenstaat und seiner Ungläubigkeit gemäß.

«Die Kirche verlor den Einzelnen, je riesiger die Institution wurde, die hinter ihr stand. Das evangelische Prinzip der Persönlichkeit geriet in Konflikt mit der Größe des Kirchenvolks, in dem der einzelne Mensch untergeht. Statt weckend und steigernd auf die Persönlichkeit zu wirken, war

Bestätigung, welche die holländischen und angelsächsischen Freikirchen zu Mittelpunkten öffentlichen Interesses und zu Schulungszentren für jede Art von geistiger und politischer Diskussion werden ließ.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

staatliches Garantiertsein und somit ihren bürokratischen Charakter dem Glied der Gemeinde die Rolle, welche es in einer Freikirche spielen kann. Sie schwächt in ihm das Bewußtsein der Mitverantwortung für den Bestand der Kirche und nimmt ihm damit indirekt auch alle die Möglichkeiten religiöser

die Beförderung eines freien Spiels religiöser Kräfte aus dem Bewußtsein der Fraglichkeit der eigenen Konfession heraus, wurde durch das Faktum der Staatskirche als solcher unterbunden oder zum wenigsten doch blockiert. Sie verweigert durch ihren Abstand vom einzelnen, d. h. durch ihr offiziell

«Die zwangsstaatliche Organisation des lutherischen Protestantismus hat die Entbindung religiöser Energien zwar nicht hindern können, jedoch ihre konfessionelle Entfaltung in der freien Öffentlichkeit außerhalb der eigentlichen Kirche gehemmt. Was dem Wesen des Protestantismus gemäß ist,

deutscher Geschichte: der Krieg gegen Napoleon, Luthers Reformation, Widukinds Widerstand gegen Karl EINEN Kampf der Riesen gegen Rom, den Armin, der Cherusker, begann.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

zu verankern, in einer Perspektive auf die realen Anfänge, aber als Ankergrund bietet sich immer wieder nur naturhafte Ursprünglichkeit. Und wenn es sich, stolz auf sein ewiges Barbarentum, gegen den älteren, glücklicheren, nüchternen Westen verteidigt, scheint es, als bildeten alle großen Aufbrüche

Als ich der Videoansprache des Herrn #Musk beim Wahlkampfauftakt der AfD in Sachsen-Anhalt lauschte, in der er die Deutschen aufforderte, sich auf ihre germanischen Wurzeln zu besinnen, kam mir eine Passage in den Sinn, die ich 1935 verfasste: "Deutsches Staatsbewußtsein sucht sich in der Geschichte

«Der Staat als Vertrag im Sinne der Übereinkunft zwischen freien Bürgern ist spezifisch westliches Ideal. In seinem Ursprung steht die Umwertung des Menschen zum civis. Seine Substanz ist ein tägliches Plebiszit.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

und entwickeln wollten. So bekam das Wort Volk bei Spaniern, Italienern und Deutschen einen besonderen Ton.»

#HelmuthPlessner, Die verspätete Nation, 1935

sie aber die Möglichkeit hatten, ihr Bild im Spiegel eines Staates zu sehen, desto lebendiger blieb ihnen das Bewußtsein ihres Volkstums, mußte es ihnen bleiben, wenn sie in der Distanz zu Fürsten und Obrigkeiten ihre angestammten Rechte, Sitten und Sprache, ihr ganzes Leben bewahren

Spanien, Österreich heherrscht. Und Deutschland zerfiel in den Glaubenskämpfen, in dem Gegeneinander der Fürsten und der Kaisermacht. Deshalb ist der neuzeitliche Staatsgedanke für diese Völker fremd, er ist nicht auf ihrem Boden gewachsen und sie selber sind nicht mit ihm gewachsen. Je weniger

Politik, sein Kampf für die Erneuerung der katholischen Christenheit, sein Festhalten an der Idee der Universalität und am sakralen Imperium verurteilten Spanien zum Widerstand gegen die entbindenden Mächte der modernen Welt. Italien war in Einzelgebiete aufgesplittert, vom Kirchenstaat,

"In Europa gibt es drei große Völker, welche an der Entwicklung des modernen Staatsbewußtseins seit dem 17. Jahrhundert nicht teilgenommen haben: Spanien, Italien und Deutschland. Denn in dem entscheidenden Zeitraum war das Schicksal gegen sie.
Spaniens Größe sank. Seine gegenreformatorische

philosophischen Denkens. Zugleich gestattete ihm der Mangel einer genügend fixierten sozialen Kontrolle, extreme Positionen zu entwickeln, welche lateinisch erzogenem Denken immer unheimlich und suspekt vorkommen mußten."

#HelmuthPlessner, Zum Situationsverständnis gegenwärtiger Philosophie, 1958

zu, den Ausgleich zwischen einem von altständischen Verhältnissen geprägten gesellschaftlichen Bewußtsein und den modernen Realitäten zu vollziehen, und der Weite des Abstands, der Größe des Reibungswiderstands, dank der geschichtlichen Verspätung, entsprachen Reichtum und Tiefgang deutschen

Seine bürgerlichen Freiheiten, sein wirtschaftlicher Liberalismus waren nicht aus einer Revolution hervorgegangen, seine Aufklärung hatte nicht das Glück und die Kraft gehabt, den Staat umzuformen. In den freigelassenen Räumen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit fiel der Philosophie die Aufgabe